25.11.21

Blitzgescheit: Leica IIIf

Aktuelle Systemkameras messen das Licht durch das Objektiv, synchronisieren den Blitz auf den Bruchteil einer Sekunde und berücksichtigen bei der Blitzleistung die Informationen der Entfernungsmessung. Das alles läuft weitgehend automatisch ab. Doch so trivial wie es heute scheint, wurde es in der Kameratechnik erst in den 1950er-Jahren: mit der Leica IIIf.


Die Leica IIIf gilt als erste moderne Leica Kamera, mit der man präzise Blitzen konnte.

Die Anfänge der Blitzfotografie bei Kameras mit einem modernen Schlitzverschluss forderten nicht nur das nötige Fachwissen und handwerkliche Übung, sie bedingten auch einen beträchtlichen Ausschuss: nicht homogene, fehlbelichtete Bilder, bei denen die Synchronisation nicht präzise genug funktionierte oder die Verschlussvorhänge zum Zeitpunkt der Blitzbelichtung nicht das gesamte Bildfeld freigegeben hatten. Ein Meilenstein war sicher die ab 1950 verfügbare Leica IIIf, mit der es gelang, sowohl Blitzbirnen als auch Elektronenblitze punktgenau abzufeuern.


Erwin Puts spricht in seinem 2012 erschienenen Buch
„Leica Chronicle“ von einer

für Sammler aus technik- und kulturgeschichtlicher Sicht sehr interessanten Kamera.


Die Leica IIIf in der klassischen roten Leica-Auslieferungsschachtel und mit dem Prüfsiegel für die Fertigungskontrolle, Entfernungsmesser und Zeitprüfung sowie die abschließende Gesamtkontrolle.

Die Betriebsanleitung der Leica IIIf inklusive der Blitzlicht-Einstellwerte für die Kontaktskala und die Kontaktzahlen, außerdem ein kleines Büchlein von Werner Hansen zum Thema „So wird geblitzt“.

Sicher war die Blitzlichtfotografie mit einer Leica IIIf nach heutigem Ermessen alles andere als einfach, doch Aufwand und Ertrag standen erstmals in einem gesunden Verhältnis zueinander – und es war dafür nicht einmal die Fülle an Zubehör nötig, mit der sich Fotografen bis dahin beschäftigen mussten. Tatsächlich gilt die Leica IIIf als das erste Modell, mit dem sich auch heute noch ohne große Umstände ansehnliche Blitzbelichtungen anfertigen lassen. Ken Rockwell schwärmt in seinem Forum kenrockwell.com vor allem davon, wie klein und leise die Leica IIIf sei, und dass sie – wenn er damit unterwegs ist – nicht als Bedrohung wahrgenommen werde. So könne er mit ihr auch dann noch fotografieren, wenn er mit einer großen Spiegelreflexkamera auf Ablehnung stieße. Selbst den Vergleich mit einer digitalen M9 müsse die Leica IIIf nicht scheuen. Und doch, die Bedienung dieser hervorragenden Kamera erfordere ein gesteigertes Maß an Aufmerksamkeit:

Für sorgfältige Natur-, Reise- und Landschaftsfotografie sollte man die Leica IIIf in Betracht ziehen, aber eine Leica M3 ist eine viel bessere Wahl, wenn man mit Leuten unterwegs ist, die nicht darauf warten wollen, dass man alle Einstellungen für jeden Schnappschuss vornimmt.

Die Leica IIIf war in den 1950er-Jahren, Rockwell zufolge, die außergewöhnlichste Kamera, die zu ihrer Zeit entwickelt wurde. Das habe sich auch in den Verkäufen niedergeschlagen. So wäre Leitz trotz des Preises, der heute bei 3400 US-Dollar läge, mit der Bedienung aller Kundenwünsche nicht hinterhergekommen. Für ihre Anhänger, führt er fort, sei die IIIf das Sinnbild einer Kamera, wie sie Oskar Barnack, „der Schöpfer der modernen Fotografie“, hätte haben wollen. „Alles, was neuer ist, wie Parallaxenkorrektur oder Hebel statt Knöpfe für den Filmtransport, ist unnötiger Firlefanz.“


Wertvolle Anregungen zum Umgang mit der IIIf stellte Leitz der interessierten Öffentlichkeit in einer Sonderschau vom 20. bis zum 29. April 1951 anlässlich der photokina in Köln vor.

Um mehr über die Kamera und den Stand der Technik von 1950 zu erfahren, schauen wir uns einige Berichte in der „Leica Fotografie“ aus jener Zeit an. „Lange erwartet – endlich da“, hieß es in der Ausgabe November/Dezember 1950 im ersten Bericht über die Leica IIIf und als Erklärung: Bei einer Kamera mit Schlitzverschluss sei es bekanntermaßen nicht so trivial den Blitz zu synchronisieren, wie etwa bei Boxkameras, die diese Fertigkeit schon früher boten. Gerade so grundlegende Neuerungen an der Kamera selbst würden stets mit größter Akribie umgesetzt, und Leitz habe diese Aufgabe hundertprozentig gelöst. Ein winziger Steckkontakt an der Rückwand sei das augenfälligste äußerliche Unterscheidungsmerkmal zum Vorgängermodell. Über eine Ziffernskala auf der Kontaktscheibe der Kamera stellt der Fotograf den Zündmoment der verwendeten Blitzlampe ein. Aus einer Tabelle sind die passenden Werte, unter Berücksichtigung der gewünschten Belichtungszeit, abzulesen. Dabei spielt natürlich die Charakteristik des verwendeten Blitzgeräts eine Rolle. Puts geht in seiner erwähnten Veröffentlichung sogar soweit, die Empfehlung auszusprechen, sich bei der Einstellung stärker auf die Anforderungen der verwendeten Blitzlampe zu konzentrieren, als auf die gewünschte Verschlusszeit.

Zur Funktion der Leica IIIf schreibt die „Leica Fotografie“ Mitte 1951: „Der Zündkontakt wird mechanisch gegeben. Das übernimmt der sogenannte Kurzzeitknopf, der sich beim Ablauf des Verschlusses mitdreht.“ Mit der Entwicklung der Blitzsynchronisation in der Leica IIIf erweitern sich die Optionen für Amateure ebenso wie für Reporter und andere Profifotografen. Plötzlich war eine sichere Belichtung mit Blitzlicht möglich und das nicht nur bei Nacht oder unter Available-Light-Bedingungen, sondern diese Technologie lieferte auch in Innenräumen oder zum Aufhellen von Schatten oder zu großen Kontrastunterschieden valide, reproduzierbare Ergebnisse.

Die Kamera wurde von 1950 bis 1957 gebaut und verkauft.


Gerade einmal 5.376 Modelle der Leica IIIf wurden zwischen 1952 und 1956 in Midland, Kanada, gefertigt.

Zunächst sollen es 70.000 Kameras mit schwarzem und schließlich weitere 53.000 Modelle mit rotem Zifferblatt gewesen sein. Bevor sie von der IIIg abgelöst wurde, sollen von 1954 bis 1957 weitere 53.733 Leica IIIf mit Selbstauslöser gebaut worden sein, außerdem in Midland, Kanada, zwischen 1952 und 1956 insgesamt 5367 Kameras. Und das, obwohl Leica bereits 1954 mit der Produktion und dem Verkauf der M3 begonnen hatte.

36th Leitz Photographica Auction

Eine weitere Rarität dieser Serie ist die black painted IIIf, von der gerade einmal 100 Kameras für das schwedische Militär produziert worden waren. Sie wurden gemeinsam mit dem Elmar 2.8/5cm ausgeliefert. Auf der Rückseite sind die drei Kronen des Königreichs Schweden ebenso graviert wie auf dem Objektiv.


Die Leica IIIf mit der Seriennummer 822930 zeigt die charakteristische Patina der Schwarzlackmodelle.

Das Nachfolgermodell, die IIIg, erzielte, ebenfalls in der Ausführung für das schwedische Militär, auf der 36. Leitz Photographica Auction (im Juni 2020) 55.000 Euro (ohne Aufgeld). 125 dieser Kameras wurden gebaut.


Im November 2018 kam eine Leica IIIf Red Dial (von 1952) unter den Hammer und erbrachte einen Auktionserlös von 3360 Euro (inklusive Aufgeld). Gerade einmal ein Drittel dessen hatten die Auktionatoren erwartet. Beides belegt, wie hoch die Leica-III-Modelle heute im Kurs stehen, und wie groß die Begehrlichkeiten für diese außergewöhnlichen Kameras sind.


Fotos: Leica Camera / Leitz Photographica Auction
Text: Tobias F. Habura-Stern / LFI Leica Fotografie International