03.11.22
Fotografien unter dem Hammer
Es sind vor allem Bilder, die uns aufrütteln, die im vielstimmigen Chor der Ticker-Meldungen nicht untergehen,
sondern die herausstechen und unser visuelles Gedächtnis, die Wahrnehmung der Welt um uns herum, prägen – stille, in sich gekehrte Momente ebenso wie lustvolle, nachdenkliche oder das blanke Entsetzen.
Da ist zum Beispiel das junge Mädchen mit den durchdringenden grünen Augen, die Paschtunin Sharbat Gula, die Steve McCurry erstmals 1984 in einem Flüchtlingslager im Nordwesten Pakistans fotografiert hat. Oder die scheinbar unbeteiligten Menschen, die in ihrer Mittagspause am East River rasten, im Hintergrund die brennenden Zwillingstürme, fotografiert von Thomas Hoepker. Oder die von Nick Ut festgehaltenen fliehenden Kinder nach einem Napalm-Angriff.
Und es sind stille Momente
wie das von Bruce Davidson mit gerade einmal 24 Jahren aufgenommene Porträt des Clowns Jimmy Armstrong, der abseits des Zirkustrubels eine Zigarette raucht, oder Henri Cartier-Bressons intensiver Blick auf die Welt mit all ihren Banalitäten und Skurrilitäten. Mit seinem Gespür für den „moment décisif“, den entscheidenden Moment, hat er nicht nur unser Gedächtnis, sondern Generationen von Fotografen geprägt. Auch private Bilder wie die Marilyn-Monroe-Serie von 1949, mitten in ihrer Metamorphose von Norma Jeane zum Weltstar, eingefangen von ihrem damaligen Lebensgefährten, dem Fotografen André de Dienes am Tobay Beach.
Die Faszination für solche Meisterwerke ist ungebrochen, gerade in Zeiten, in denen quasi jeder immer und überall Banalitäten in gleichermaßen banalen Bildern festhalten kann. Die herausragenden Fotografen und ihre Werke hingegen bleiben. Sie würdigt das Haus Leitz Photographica Auction und räumt ihnen wieder mehr Platz ein.
“Wie keine andere Kamera hat Leica die Fotogeschichte technisch, ästhetisch und kulturell revolutioniert”
heißt es dazu.
“In großer Vielfalt hat die Leica-Kamera Bilder hervorgebracht, die Liebhaber auf der ganzen Welt begeistern und die als Abzüge begehrte Sammlerobjekte darstellen. Wir freuen uns, dass wir anlässlich unseres 20-jährigen Jubiläums nun auch wieder vermehrt Fotografien anbieten können.”
ergänzt Alexander Sedlak, Direktor des Auktionshauses
Den Anfang machen Ikonen der Street Photography und des Bildjournalismus, die Leica Mitte der 1920er-Jahre mit seinen Fotoapparaten überhaupt erst möglich gemacht hat. Sie kommen im November in Wien unter den Hammer.
“Der dichten und facettenreichen Kunst- und Kulturgeschichte von den 1920er-Jahren bis heute sollen die Fotografie-Auktionen fortan mit einer exklusiven Auswahl an Losen gerecht werden”, informiert das Auktionsteam.
Der inhaltliche Fokus liege auf der Fotografie des Neuen Sehens sowie der Street- und Reportagefotografie, den Fotoikonen des Bildjournalismus des 20. Jahrhunderts und den Klassikern der amerikanischen und europäischen Fotografie wie auch auf zeitgenössischen, am Markt etablierten Fotografen.
Fotos: Leitz Photographica Auction
Text: Tobias F. Habura-Stern / LFI Leica Fotografie International