16.11.23
Zeitlose Bilder und Objektive - Im Gespräch mit Ken Narula
Während der 43. Leitz Photographica Auction, am 24. und 25. November in Wien, kommen wieder ausgesprochen seltene und begehrte Exponate unter den Hammer.
darunter zwei Leica M2 Black Paint aus einer ganz außergewöhnlichen Sammlung – besser sollten wir sagen, von einem ganz außergewöhnlichen Sammler:
Ken Narula.
Der in London und Bangkok lebende Geschäftsmann Ken Narula besitzt wohl eine der umfangreichsten Sammlungen von Leica M-Objektiven überhaupt.
Er lenkt die Geschicke gleich mehrerer Unternehmen, und er findet nicht nur die Zeit mit seiner museumsreifen Sammlung zu fotografieren, er zieht aus seiner Leidenschaft für die Fotografie auch die Kraft, ein so erfolgreicher Geschäftsmann sein zu können.
Die Schwarzweißfotografien von Ken Narula sind eine Hommage an die alten Meister der Leica Street Photography. Sie sind zeitlos und laden die Betrachtenden ein, die Geschichte hinter den Bildern zu entdecken
Zwei ebenso außergewöhnliche wie unterschiedliche Objektive aus der Sammlung Ken Narulas: das rote Apo-Summicron-M 1:2/50 mm und das Summicron-M 1:2/35 mm mit einer wunderschönen Patina
Viele Jahre wollte er anonym bleiben, mit seiner Sammlung und seinen Fotografien nicht in die Öffentlichkeit treten, doch nun hat er sich dazu entschieden, die Früchte seiner Leidenschaft zu teilen.
Gerade ist sein Doppelband „Iris & Lens“ bei Steidl erschienen: mit einfühlsamen, zeitlosen Schwarzweißfotografien im einen und perfekt aufgenommenen Porträts seiner Objektive im anderen Band.
Aus der Fotografie schöpft Ken Narula Kraft und Inspiration für seinen Beruf. Er lenkt die Geschicke mehrerer Unternehmen in London und Bangkok
Wir haben mit Ken Narula gesprochen, doch zunächst möchten wir einen Blick auf das werfen, was von ihm in Wien unter den Hammer kommt.
Die beiden schwarz lackierten Leica M2 mit den aufeinanderfolgenden Nummern 948857 und 948858 stammen aus einer begehrten frühen Serie von Kameras mit Knopfrückspulung und ohne Selbstauslöser. Sie zeigen eine attraktive Patina und wurden laut Kontrollbuch des Leica Archivs beide am 24. August 1959 ausgeliefert.
Zu jeder Kamera gehört ein passendes, seltenes und ebenfalls schwarz lackiertes Objektiv: ein Summicron 2/5 cm mit Messingfassung Nr. 1587561 und ein Summicron 2/35 mm mit Messingfassung Nr. 1654919.
Zum Angebot gehört auch der erste Druck von Ken Narulas Doppelband „Iris & Lens“, signiert von Ken Narula, Dr. Andreas Kaufmann und Gerhard Steidl.
Interview
LFI
Ken Narula, Sie sind einer der größten Sammler von Leica Kameras und Objektiven weltweit. Warum gerade Leica?
Ken Narula
Es hat eigentlich nicht mit Leica angefangen. Am Anfang probierte ich jede Kamera und jedes Objektiv aus, in der Hoffnung, etwas Perfektes zu finden. Je näher ich der Perfektion kam, desto größer und schwerer wurden die Kamera, das Objektiv und die ganze Ausrüstung – und das Foto verlor an Charakter: Es wurde immer schärfer, hatte aber keine Emotion. Leica faszinierte mich vor allem in zweierlei Hinsicht. Erstens behalten die Leicas ihren kleinen Formfaktor bei, selbst bei den hochwertigsten Modellen ist das so, und zweitens haben die Bilder, die mit einer Leica aufgenommen wurden, immer ein einzigartiges Aussehen und Gefühl.
Haben Sie eine Vorstellung davon, wie viele Leica Kameras und Objektive sie besitzen?
Ich habe ein ungefähres Gefühl, aber kein genaues, denn Leica hat neben Kameras und Objektiven auch unzählige faszinierende Zubehörteile und Prototypen hergestellt. Mein Ziel ist es, diese bald für eine Ausstellung oder ein privates Museum für historische Zwecke zu katalogisieren.
Wie sind diese Schätze zu Ihnen gekommen? Über Auktionen, Zufallsfunde auf Fotoflohmärkten oder Haushaltsauflösungen?
Die meisten der seltenen Stücke, die ich besitze, verdanke ich meiner Neugier, gepaart mit einem Mangel an Geduld. Ich erfuhr von etwas, das ich noch nicht ausprobiert hatte, und spürte es auf, wo auch immer auf der Welt es zu finden war. Manchmal war es in einem abgelegenen Laden oder bei einem privaten Besitzer. Oft genug nahm ich den nächsten Flug, um zu versuchen, es zu bekommen.
Ihre Exponate stehen nicht – oder nicht nur – in der Vitrine, Sie Fotografieren damit. Was macht den Reiz aus, mit diesen alten Objektiven zu arbeiten und an welchen Kameras kommen sie zum Einsatz?
Als Sammler bin ich kein Fan des Hortens und war es auch nie: Ich freue mich, die Gegenstände, die ich nicht oft genug benutze, selbst die, die ich sehr schätze, mit dem nächsten liebevollen Empfänger zu teilen. Ich würde versuchen, mit den meisten Stücken zu fotografieren, auch mit den seltenen, um die Ergebnisse zu teilen. Bei alten Objektiven geht es mir in erster Linie um den Bildcharakter und das Objektivdesign. Während neue Objektive in jedem Test perfekte Ergebnisse erzielen, habe ich festgestellt, dass es ihnen oft an Leben fehlt – sie sind groß und schwer und liefern alle ähnliche Ergebnisse. Ich verwende Vintage-Objektive meist mit verschiedenen Film-M-Kameras und reise immer mit der neuesten digitalen M.
Gibt es eine Kamera oder ein Objektiv, das Sie noch nicht haben und mit dem Sie gern mal fotografieren würden?
Ich habe jahrzehntelang mit fast allem experimentiert – also nicht an diesem Punkt. Aber durch die Veröffentlichung meines neuesten Buches „Iris & Lens: 50 Leica Lenses to Collect and Photograph“ bei Steidl in diesem Jahr und den Besuchen vieler Galerien habe ich viel über große Fotografen der Vergangenheit gelernt und ich spüre bereits, wie meine Neugierde kocht.
Sie sind ein sehr erfolgreicher Geschäftsmann. Woher nehmen Sie die Zeit und Ruhe so beeindruckende Fotografien aufzunehmen?
Das Gegenteil ist der Fall: Das Geschäft läuft immer rund um die Uhr. Die Fotografie ist also keine Unterbrechung, sondern der Treibstoff, der viele Bereiche des Berufslebens beflügelt – sei es eine neue Sichtweise, eine neue Inspiration oder eine klare und zielgerichtete Vision.
Photos: Ken Narula aus der Serie Iris & Lens / Leitz Photographica Auction
Text: Tobias F. Habura-Stern / LFI Leica Fotografie International